Immer wieder gab und gibt es überall in der Welt Versuche, sich Zonen, Orte, Räume zu erkämpfen und sie zu verteidigen, die die Möglichkeit eröffnen, andere Wege des (Zusammen-)Lebens auszuprobieren. Wege, die nicht festgeschrieben sind in Normen, in vorgegebene Verhaltensweisen, in generalisierte Schablonen des Lebens oder in scheinbar unveränderbare Rollenverteilungen. Wege, die das Leben nicht bändigen und zähmen. Räume, in denen es zumindest möglich ist, zunehmend selbstbestimmt zu leben und in denen der Terror der Verwertungslogik – soweit es uns möglich ist, uns selbst davon zu befreien – draußen bleibt.
Ein weiterer Schritt, autonome Politik zu gestalten, zu vernetzen, kollektiv zu organisieren und linke Strukturen auszubauen.
Wir fordern einen Raum, in dem es für jede und jeden möglich wird, kollektiv miteinander zu leben, aktiv zu werden und sich einzubringen, um der sozialen Isolation etwas entgegenzusetzen. Dahinter steht der Gedanke, dass Politik und alltägliches Leben nicht voneinander trennbar sind und an einem Ort kombinierbar sein müssen.
Unser Anspruch ist es, sich mit gesellschaftlichen Unterdrückungsmechanismen wie Rassismus, Sexismus, Homophobie, Klassismus etc. auseinanderzusetzen und ihnen durch diesen Freiraum entgegenzuwirken. Demnach soll auch politisch motivierten Menschen die Möglichkeit zum Austausch, zur Organisation und Diskussion gegeben werden. Anregungen hierzu könnten zum Beispiel Vorträge, Lesungen, Diskussions- und kritische Filmabende sein.
Bedeutung sozikultureller Zentren für das städtische Leben
Die letzte Besetzung in Aachen liegt mittlerweile mehr als 3 Jahre zurück und scheinbar sind die damaligen Situationen und Forderungen identisch mit denen von heute. Doch dieser Schein trügt. Ein immer weiter und massiv um sich greifender sozialer Kahlschlag, das konsequente Fehlen eines Zentrums und veranstaltungsort fernab der Profitinteressen der vorhandenen Kneipen- und Discokultur.
Mangelware Wohnraum/Gentrifizierung/Sozialer Kahlschlag
Das Thema des mangelnden (bezahlbaren) Wohnraums ist inzwischen ein prägendes Thema der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Die Aufwertungsprozesse, welche ganze Stadtteile verändern, die Bewohnerschaft verdrängen, Mietpreise steigern – auch „Gentrifizierung“ genannt- finden inzwischen in nahezu jeder Stadt statt.
Ein nach wie vor aktuelles Beispiel für sogenannte Gentrifizierungsprozesse in Aachen ist das Projekt „Kaiserplatzgalerie“ bzw. nach diversen Unklarheiten und Strafverfahren gegen den ehemaligen Investor nun „Aquis Plaza“ genannt.
Aufgrund dessen wurde vorhandener Wohnraum zerstört, LangzeitanwohnerInnen gezielt entmietet, Drogenabhängige vertrieben, um einem weiteren Konsumtempel Platz zu machen. Diese Art von Städtepolitik stellt die Interessen von InvestorInnen über die Grundbedürfnisse der BewohnerInnen. Während eben solche Projekte von der Stadt nahezu einstimmig begrüßt werden, werden die Sozialetats gekürzt. Soziale Einrichtungen wie beispielsweise Jugentreffs und Offene Türen, (unabhängige) Beratungsstellen werden durch die Kürzungen der öffentlichen Mittel in den Ruin getrieben.
In nahezu keinem innerstädtischen Viertel in Aachen ist es noch möglich bezahlbaren Wohnraum zu mieten. Mietpreise werden angehoben, der Mietspiegel steigt. Bestimmte (marginalisierte) Gruppen wie Arbeitslose, MigrantInnen, Jugendliche, SchülerInnen und StudentInnen; SeniorInnen, FrührentnerInnen, sie alle fallen nicht in das Raster einer potenziell profitsteigerungsfähigen Kundschaft.
Kommerzialisierung, Konsumzwang und Ausgrenzung
Gentrifizierung geht einher mit einer „Kommerzialisierung der Stadt“. Dies meint, dass Angebote an die Bevölkerung Geld kosten, anstatt (wie in der Vergangenheit öfters) kostenfrei zur Verfügung stehen. Dies fängt an bei Straßenfesten mit Einlasskontrollen und teuren Getränken und Konsumzwang und endet nicht zuletzt bei unzumutbaren Mietverhältnissen. Räume um sich zu (politisch) zu organisieren existieren in Aachen faktisch kaum noch bzw. nicht für solche Menschen und Gruppen welche sich keine teuren Raummieten für Ladenlokale oder andere Räume leisten können. Uns ist es ein Anliegen genau aber diese Räume zu eröffnen, sie zu verbreiten, bestehende zu vergrößern und zugänglicher zu machen.
Räume gestalten zur Vernetzung, zur Diskussion und Auseinandersetzung. Räume und Plätze ohne Konsumzwang und ohne Profitorientierung. Räume um gemeinsam Dinge zu lernen, sich gegenseitig beizubringen, voneinander lernen anstatt sich in Konkurrenz zu befinden. Viel ist möglich und vieles passiert bereits. Aber alles ist ausbaufähig. Denkbar ist nahezu alles. Deutschkurse für umsonst, unbürokratisch und ohne Zwang für MigrantInnen. Die Nutzung von Räumen für Gruppentreffen oder einfach nur zum abhängen. Sportangebote für die Menschen welche es sich nicht leisten können für Bewegung und Interaktion 50 Euro auszugeben. Dies kann Ausdruck finden in gemeinsamen Kochabenden, Rechtshilfeangeboten, Spielabenden, Fahrradwerkstätten, Nachhilfeunterricht, Kinderbetreuung oder Ähnlichem, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ein Prinzip unserer Politik ist Partizipation statt Konsum. Dies kann sich in vielem wieder spiegeln beispielsweise einer Küche für alle für welche Lebensmittel besorgt und zubereitet, Örtlichkeiten organisiert, Geschirr zur Verfügung gestellt und gespült werden muss etc. etc. Dies findet bereits in einem sehr kleinen und eingeschränkten Rahmen beispielsweise am Autonomen Zentrum statt, jedoch stellen wir uns dies in einem oberirdischen Raum, welche größer und damit beispielsweise auch barrierefrei, viel viel schöner vor als in unserem lieb gewonnenen Bunker.
Aachen besitzt mit der inzwischen verbotenen Kameradschaft Aachener Land (KAL) und ihrer Nachfolgeorganisation „Die Rechte“ eine der aktivsten Neonaziszenen in NRW. Ähnlich sieht es auch in Wuppertal und Dortmund aus, wo linke Infrastruktur und die linke Szene allgemein immer wieder Ziel von Angriffen der extremen Rechten sind.
An etlichen Aachener Schulen hat sich eine Neonaziszene gebildet, die – vernetzt mit Faschistinnen und Faschisten, Hooligans und rechten Ultras in den umliegenden Dörfern und Städten – für Menschen, die nicht in ihr faschistisches Weltbild passen, eine massive Bedrohung darstellt.
Linke Stadtteile, soziale und Autonome Zentren bilden hier einen Gegenpol, einen nicht gerade beliebten Gegenpol. Doch nicht nur gegen Neonazis stellen sie einen Gegenpol dar, sie sind auch eine Alternative zu beispielsweise rassistischer und sexistischer Ideologie, fungieren als Freiraum und als Treffpunkt für AntifaschistInnen.
Es benötigt Räume innerhalb einer Stadt und einer Gesellschaft die Impulse gibt. Alternativen des Miteinanders, des Umgangs und der Perspektive eröffnet. Das AZ sehen wir hier in einer langen Tradition. Gleichzeitig ist das AZ immer ein unterirdischer Raum gewesen, welcher vor allem einige bestimmte Szenen angezogen hat. Wir wollen mehr oberirdische Räume etablieren. Ein erstes Ergebnis dieses Prozesses ist der neu eröffnete Infoladen in der Bismarckstraße 37 im Frankenberger Viertel und sein Vorgänger in der Stephanstraße 24. Aber auch hier sind die Kapazitäten, explizit aufgrund der Raumgröße, begrenzt.
Unsere Idee von Stadt soll es ermöglichen sich selbst neu erfahren innerhalb der Interaktion mit Anderen, neue Umgangsformen und Verhaltensweisen erproben und zu erlernen. Ein Solidarisches Miteinander.
Fragend schreiten wir voran
Wir haben nicht auf alles eine Antwort. Wir wollen weiterhin lernen, Erfahrungen sammeln, bereits gemachte ausbauen. Fragen wie zum Beispiel nach der basisdemokratischen Organisation von Räumen, also möglichst hierarchiefrei, unter Einbezug aller Beteiligten? Wie können Alternativen zur „Wenn‘s dir nicht gefällt geh halt woanders konsumieren“- Haltung aussehen?