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Quelle (Bild & Text): Wohnungsmarktbericht der Stadt Aachen 2020; Seite 88f
Was wir hier sehen: Gentrifizierungs- und Verdrängungsprozesse
Der Begriff Gentrifizierung beschreibt den Wechsel von einer statusniedrigeren zu
einer statushöheren (finanzkräftigeren) Bewohnerschaft in einem Quartier, der oft
mit einer baulichen Aufwertung, Veränderungen der Eigentümer*innenstruktur
und steigenden Mietpreisen im Quartier einhergeht. Eine ideale soziale Stadtent-
wicklung verhindert Trading-Down-Effekte in städtebaulich und sozial herausge-
forderten Gebieten durch eine Diversifizierung der Mieter*innenstruktur ohne die
bisherigen Mieter*innen an den Rand der Stadt oder in die Nachbarkommunen
zu verdrängen. Dies bedeutet jedoch rein rechnerisch, dass für jede Wohneinheit,
die nach der baulichen Aufwertung nicht mehr zum Ursprungspreis angeboten
werden kann, an anderer Stelle in der Stadt eine bezahlbare Wohnung entsteht.
In Kommunen mit hohem Wohnungsmarktdruck besteht die Gefahr, dass die
sozial segregierten Quartiere aufgewertet werden, ohne dass ein entsprechender
Ausgleich erfolgt.
Die Anspannung des Aachener Wohnungsmarktes führt dazu, dass bisher weniger
gefragte Wohnquartiere bei Bevölkerungsschichten mit höherem Einkommen
zunehmend beliebter werden. Zum anderen zeigt sich der in den letzten Jahren
durch Städtebauförderprogramme und Quartiersentwicklungsprozesse vorange-
triebene Abbau des Sanierungsstaus, der zu einer Aufwertung und damit verbun-
denen Preissteigerung im Lebensraum führt.
Zur Darstellung dieses Prozesses stellt die Karte auf der vorherigen Seite (Abb. 70)
die Entwicklung der Angebotsmietpreise im Zeitverlauf auf kleinräumiger Ebene
dar. Die Entwicklung zwischen den Jahren 2013 / 14 und 2018 / 19 unterscheidet
sich zwischen einzelnen Lebensräumen grundlegend. Die höchsten Steigerungs-
raten finden sich oft in den „Inseln des Bezahlbaren“, also Lebensräumen mit
bisher vergleichbar niedrigen Neu- und Wiedervermietungsmieten, die im Rah-
men der integrierten Quartiersentwicklungsprozesse „Aachen-Nord“, „Aachen-
Ost“ und „Preuswald“ aufgewertet wurden, um den Sanierungsstau zu beheben
und einen Trading-Down-Effekt zu stoppen. In drei dieser Lebensräume verteuer-
ten sich die mittleren Angebotsmietpreise innerhalb des Betrachtungszeitraums
um weit über 30 %: Preuswald (+ 43,7 %), Rothe Erde (+ 43,3 %) und Obere
Jülicher Straße (+42,1 %) unterlagen einer enormen Preisdynamik nach oben.
Problematisch wird diese „gewollte“ Entwicklung erst dann, wenn sich auch in
den weiteren Aachener Bezirken, die bisher ein niedriges bis mittleres Preisniveau
hatten, die Mieten nach oben dem Markt angepasst haben. Es ist anzunehmen,
dass dann – wenn kein bezahlbares stattnahes Wohnungsangebot mehr vorhan-
den ist – besonders einkommensschwache Haushalte sich gezwungenermaßen an
den Rand der Stadt oder in die umliegenden Kommunen orientieren müssen, um
notwendig gewordene oder gewünschte Wohnungswechsel umsetzen zu können.