VOnovia

Vonovia ist Deutschlands größtes börsennotiertes Wohnungsunternehmen und auch in Schweden und Österreich aktiv. Zuletzt hat es den zweitgrößten Konzern „Deutsche Wohnen“ aufgekauft. Dadurch besitzt das Unternehmen heute insgesamt 622.930 Wohnungen. Vonovia, das sich gerne als soziales Unternehmen präsentiert, ist berüchtigt für sein aggressives Geschäftsmodell. Dieses setzt voll auf Gewinnmaximierung zu Lasten der Mieter:innen. 2021 wurden 45 % der Mieteinnahmen als Gewinn an die Aktionär:innen verteilt, 1,1 Milliarden Euro. Das bedeutet, dass bei Vonovia von jedem Euro, den du als Mieter:in bezahlst, 45 Cent nur dazu dienen, jemand anderen reicher zu machen. Nur 25 Cent pro Euro Miete werden für die Instandhaltung genutzt. Wäre der Besitz von Wohnraum kein Geschäftsmodell, könnte deine Miete also fast um die Hälfte niedriger sein. Diejenigen, die von diesem Geschäftsmodell profitieren, sitzen zu 90 % außerhalb von Deutschland, 45 % in den USA und Großbritannien. Größte Anteilseigner:innen sind der norwegische Staatsfond (11,1 %) und die weltgrößte Vermögensverwaltung Blackrock (8,3 %) ¹. Um die Profitgier der Aktionär:innen zu befriedigen, benutzt Vonovia verschiedenste Methoden. Dazu gehören:

  • Mietsteigerungen über dem Bundesdurchschnitt
  • Neuvermietungsmieten deutlich über örtlichen Mietspiegeln
  • undurchsichtige Betriebskostenabrechnungen mit Konzerntöchtern
  • vermeintliche energetische Modernisierungen mit Mietsteigerungen bis zu 40%
  • miserabler Service und Vernachlässigung der Instandhaltung
  • Untertarifliche Bezahlung und zu wenig Personal

Zuletzt hat Vonovia für viel Aufregung gesorgt, als sie aufgrund der Inflation und der gestiegenen Energiepreise Mieterhöhungen ankündigte. Dies hat auch viele Menschen in Aachen beunruhigt, denn Vonovia gehört zu den einflussreichsten Immobilienunternehmen Aachens. 2400 Wohnungen gehören in der Stadt sowie in Eschweiler dem Unternehmen. Damit besitzt Vonovia genauso viele Wohnungen wie die Stadt Aachen. Im Kontext der Entwicklung des Stadtteils Preuswald wurde Vonovia sogar häufig von der Politik und der lokalen Presse als konstruktiver Partner dargestellt, der zur „Attraktivität des Viertels“ beitrage. Hohe Vertreter:innen der Stadt feierten öffentlich, dass sich das Viertel dadurch wieder für die Mittelschicht öffne². Aus unserer Sicht stellt sich die Geschichte jedoch anders dar. 2007 hat die Vonovia (damals noch Deutsche Annington) 625 Wohnungen im Preuswald gekauft, ein Jahr, bevor die Sozialbindung auslief. Bis 2010 ließ Vonovia die Wohnungen verfallen. So viele Mieter:innen hatten mit Vonovia Probleme, dass sich die Mieter:innen in einer Initiative organisierten und gemeinsam wehrten. Der Mieterschutzverein gewährte deswegen 2013 sogar Hartz4-Bezieher:innen aus dem Preuswald eine einjährige kostenlose Mitgliedschaft ³. Es gab falsche Betriebs- und Heizkostenabrechnungen und viele Mängel, die sogar zu gesundheitlichen Problemen führten. Nach den ersten Modernisierungen kam es dann sogleich zu ungerechtfertigten Mieterhöhungen bis hin zu Räumungsklagen ⁴. Man vermutete, dass Vonovia lieber Hartz4-Bezieher:innen einziehen lassen wollte, da die sich aufgrund der schwierigen persönlichen Lage oft schlechter wehren können und das Amt sich nicht um die Wohnungen kümmert, für die es bezahlt. So kam es. Aufgrund des schlechten Zustands der Wohnung und ohne einen Lebensmittelladen wurde Preuswald zu einem Viertel, in dem nur die lebten, die bei den explodierenden Mieten sonst keine Wohnung finden konnten. Aufgrund unserer Klassengesellschaft und des strukturellen Rassismus trifft dies besonders arme, migrantische Menschen. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund wuchs stetig und die Hartz4-Quote erreichte 2015 65 % ⁵. Besonders viele Bedarfsgemeinschaften mit Kindern lebten dort. Dies hätte anerkannt und versucht werden können das Leben der Menschen zu erleichtern, damit sie sich selbst helfen können. Vorschläge waren das Viertel mit guter Nahversorgung, besseren Bildungs- und Kultureinrichtungen für alle Generationen sowie kostenlosen Gemeinschaftsräumen z.B. für Feste zu versorgen. Die Bewohner:innen hätten dabei unterstützt werden können, Strukturen aufzubauen, die ihnen ermöglichen, für ihre eignen Belange einzustehen und ihre Rechte durchzusetzen. Neben einigen oberflächlichen Sozialmaßnahmen (teilweise in Kooperation mit Vonovia) wurde nur ein Supermarkt angesiedelt und die Kita neu gebaut. Statt diese Maßnahmen deutlich an die Bewohner:innen zu kommunizieren, wurden sie für eine Imagekampagne genutzt, die das Viertel auch für wohlhabendere Schichten attraktiv machen sollte. Für die Umsetzung wurde bei Vonovia eine neue Vermietungsstrategie eingefordert ⁶. Gentrifizierung als Bevölkerungspolitik. Diese Einladung hat Vonovia natürlich allzu gerne angenommen. 2015 wurde die Deutsche Annington in Vonovia umbenannt, das Image sollte aufpoliert werden. Passend dazu wurden von der Stadt alle nun folgenden Modernisierungen als positiver Beitrag zur Stadtteilentwicklung inszeniert und die steigenden Mieten heruntergespielt, bzw. gar nicht erwähnt. Alles Fassade. Zwischen 2013 und 2018 sind im Preuswald die Mieten im Vergleich zu ganz Aachen mit am stärksten erhöht worden (31,1 %) ⁷. Dieser Trend ist auch dem größten Projektentwickler NRWs, der „Landmarken AG“ aufgefallen. 2018 kaufte das Unternehmen 227 Wohnungen von der Vonovia und setzt seitdem noch konsequenter die Strategie aus Modernisierung und Mieterhöhung um (Entmietung eines ganzen Wohnblocks + Imagekampagne zur Renovierung). Verschiedene Bekannte von uns haben während Corona von beiden Unternehmen große Mieterhöhungen erhalten. Eine befreundete alleinerziehende Mutter wurde dadurch verdrängt. So ging es wahrscheinlich vielen. Der Anteil von Bedarfsgemeinschaften hat sich durch diese Verdrängung zwischen 2013 und 2020 von 29,7 % auf 21,8 % verringert ⁸. Andere nehmen es hin und gehören sicher zu oft zu den 17 % der Haushalte in Aachen, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete ausgeben müssen. Oder sie gehören zu denjenigen, die Glück haben, wenn das Amt akzeptiert und die Profitgier des Unternehmens mit Steuergeldern ausgleicht.

Unsere Recherche hat gezeigt, dass sich die restlichen Wohnungen der Vonovia auch überwiegend in Stadtteilen befinden, in denen viele ärmere Menschen wohnen und soziale Probleme präsent sind. Zum Beispiel im Kronenberg, in Aachen-Nord, rund um Rothe Erde und in Eilendorf. In Eschweiler besitzt Vonovia mehrere Wohnblocks in der Innenstadt, einer der ärmsten Gebiete der ganzen Städteregion. Wie auch Preuswald gehören diese Gebiete zu den letzten, wo es noch vermehrt bezahlbaren Wohnraum gibt, die letzten Inseln des Bezahlbaren in Aachen & Umgebung. Der Erhalt des bezahlbaren Wohnraums ist gerade dort bitter nötig. Leider übt Vonovia auch Einfluss auf das Herz der Stadt aus, die Innenstadt. Dort besitzt das Unternehmen Häuser in der Judengasse, im Bahnhofsviertel und zwischen Box- und Alexianergraben. Vonovia dürfte auch hier an den starken durchschnittlichen Mietsteigerungen einen Anteil haben. Selbst Vertreter:innen der Stadt sprechen deswegen bei der Innenstadt von Gentrifizierung ⁹

Da Vonovia viele ehemalige Sozialwohnungen aufgekauft hat, ist insgesamt davon auszugehen, dass das Unternehmen einen großen Teil in Aachen dazu beigetragen hat, dass der Anteil von Wohnungen mit einer Miete von weniger als 7 pro m² zwischen 2010 und 2020 von 64,12 % auf 10,7 % zusammengeschrumpft ist ¹⁰. Damit tragen sie auch dazu bei, dass der Mietspiegel steigt und alle Mieten erhöht werden können. Vonovia ist somit ein Problem für alle Mieter:innen. Besonders besorgniserregend ist, dass Vonovia Einfluss in den sozial schwächsten Viertel ausübt und somit ihr Geschäftsmodell auf dem Rücken der Ärmsten aufbaut.

Quellen:

  • ¹ Knut Unger: Vonovia: Ein Problem das immer größer wird.
  • ² Aachener Nachrichten (04.09.20): Ein Viertel freut sich über den Aufschwung
  • ³ Zweiter Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen: Seite 96
  • ⁴Aachener Nachrichten (05.06.13): Preuswald-Mieter kämpfen mit Räumungsklagen.
  • ⁵ Zweiter Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen: Seite 89
  • ⁶ Zweiter Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen: Seite 96
  • ⁷ Verdrängungsatlas der Stadt Aachen
  • ⁸ Zweiter Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen: Seite 89/ Dritter Sozialentwicklungsplan der Stadt Aachen: Seite 118
  • ⁹ Klenkes (27.11.19): Der Aachener Wohnungsmarkt: Zu klein, zu abgelegen, zu teuer …
  • ¹⁰ Wohnungsmarktbericht der Stadt Aachen 2021: Seite 42
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