Am 30. Juni 2018 wurde im Muffeter Weg in Aachen ein seit Jahren leerstehendes Gebäude der RWTH besetzt. Die Besetzung des fortan liebevoll Muffi 5 genannten Hauses verfolgte verschiedene Ziele.
Zusätzlich zur Schaffung eines, im Gegensatz zur sog. Eliteuniversität RWTH, öffentlich zugänglichen Raumes, in dem möglichst allen Menschen ein Zugang zu Bildung in Form von Vorträgen und Diskussionsrunden, zu Kultur sowie einem schönen (und ebenfalls seit Jahren ungenutzten) Garten ermöglicht werden sollte, galt es auch auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass in der Stadt Aachen viele Menschen aufgrund der desolaten Situation auf dem Wohnungsmarkt keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden und ein Mangel an unkommerziellen (Begegnungs-)Orten für Jugendliche herrscht. Neben der Frage nach möglicher Selbstbestimmung in selbstgeschaffenen Freiräumen wurde also die Wohnungsfrage gestellt, bei der selbstverständlich auch wir mit von der Partie sind.
Denn nach der Räumung des Gebäudes am 20. Juli 2018 ist nichts geschehen, außer dass die Fenster zugemauert und ein Zaun gezogen wurde.
Parallel dazu suchen knapp 3400 Haushalte in Aachen nach einer Wohnung im unteren Preissegment, schiebt die Stadt dem erfolgreichen Partybetrieb im Jugendtreff Kingzcorner den Riegel vor und schaltet zusätzlich im bei Jugendlichen beliebten Frankenberger Park nicht mehr die Laternen an, um sie aus dem öffentlichen Raum zu vertreiben.
Die Frage ist: Wohin? Denn auch hier zeigt sich wieder: Wer kein oder wenig Geld hat, der oder die steht dumm da.
Die Anliegen der Besetzerinnen und Besetzer sind demnach auch fast ein Jahr nach der Räumung noch aktuell wie eh und je: Wohnungen fehlen oder sind unbezahlbar und es fehlt an nichtkommerziellen Kultureinrichtungen für Jugendliche.
Deswegen fordern wir:
1. Aus dem Gebäude Muffeter Weg 5 soll ein unkommerzieller Jugendtreff werden! Wir haben uns das Haus 2018 angeschaut und konnten feststellen, dass es für eine solche Nutzung wie gemacht ist.
Bleibt noch das Problem der akuten Krise auf dem Aachener Wohnungsmarkt. Krise auf dem Wohnungsmarkt? Eigentlich nicht, denn wie in anderen Bereichen gilt auch beim Thema wohnen: der Markt hat keine Krise, er ist die Krise.
Es zeigt sich Allerorten, dass Wohnraum als Ware zwar zur Erzielung von Profit funktioniert, jedoch nicht zur Sicherstellung menschlicher Grundbedürfnisse wie dem nach Wohnen taugt, welches außerdem ein Menschenrecht ist. Dem als Interesse am Wohlergehen der Menschen getarnten Konjunkturprogramm, welches unter der Parole „bauen, bauen, bauen!“ von geneigten PolitkerInnen propagiert wird, setzen wir ein „vergesellschaften, vergesellschaften, vergesellschaften!“ entgegen.
Natürlich stellt sich die Frage: Wo anfangen?
Auch hierzu haben wir eine Idee:
Warum soll die, wenn es um die Gentrifizierung ehemaliger ArbeiterInnenviertel geht, so beliebte Rede von der „sozialen Durchmischung“ nicht auch andersherum funktionieren? Denn was die chauvinistische Referenz auf „soziale Unterscheide“ verdeckt ist, dass es unter dem Strich um die Frage nach Armut und Reichtum geht.
Zumindest die im Muffeter Weg und seiner Umgebung ansässigen Burschenschaften und ihre Mitglieder dürften nicht zu denjenigen gehören, denen es in Zeiten astronomisch hoher Mieten in Zukunft schwer fallen wird das nötige Kleingeld für den frisch sanierten Altbau in bester Innenstadtlage aufzubringen. Also auf zur „sozialen Durchmischung“, nieder mit den Wohlstandsghettos.
Wie praktisch, dass neben dem Muffeter Weg 5 auch noch das ehemalige Terrassengästehaus der RWTH in der angrenzenden Maastrichter Straße seit Jahren leersteht! Mit den dort vorhandenen 36 Wohneinheiten könnte zumindest ein Prozent des Bedarfs an günstigem Wohnraum in Aachen gedeckt werden und das ganz ohne „bauen, bauen, bauen!“ Diese Nutzung halten wir für sinnvoller, als die von der RWTH angestrebte Nutzung des Gebäudes als Gästehaus für GastwissenschaftlerInnen.
Deswegen unsere zweite Forderung:
2. Das Terrassengästehaus in der Maastrichter Straße soll zum Wohn- statt zum Gästehaus umgebaut werden, welches nach Fertigstellung für Menschen mit niedrigen Einkommen reserviert sein soll! Denn Menschen mit niedrigen Einkommen gibt es viele: Auszubildende, Alleinerziehende, Menschen mit prekären Jobs, usw.
Gegen die Stadt der Reichen, für die Stadt für Alle!