Die Landmarken AG schafft mit ihrem Konzept des „POHA-House“ im Preuswald ein Symbol für gezielte Verdrängung.
1.910 € für eine 75 m²- Wohnung im Preuswald?! 740 € für eine 12 m²-Zimmer? Seit die Firma Stadtmarken AG im größten Hochhaus des Preuswald ihr Konzept des „POHA-House“ eingeführt hat, sind diese Mietpreise grausame Realität. Die Firma Stadtmarken AG ist eine Tochterfirma der Landmarken AG, über deren schlechten Einfluss auf Aachen wir als Initiative bereits eine Recherche veröffentlicht haben. Die Eröffnung des POHA-Houses im Preuswald ist nun aber die Spitze der Ekelhaftigkeit. Es steht als Symbol für die Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit, die bei den Besitzenden auf dem Immobilienmarkt vorherrscht.
Bis heute gilt der Preuswald, bis vor wenigen Jahren als sozialer Brennpunkt verschrien, bzgl. des Wohnraums als eine der letzten „Inseln des Bezahlbaren“, wie die Stadt Aachen es nennt. Viele Menschen leben dort, die sich Wohnungen in anderen Stadtteilen längst nicht mehr leisten können und dementsprechend besonders auf niedrigere Mieten angewiesen sind. Vor 2018 gehörte der Wohnungsbestand überwiegend dem Unternehmen Vonovia. In Kooperation mit der Stadt hatte man Sanierungsarbeiten durchgeführt, welche dann zum Vorwand für enorme Mietpreissteigerungen genommen wurden. Trotzdem lag der durchschnittliche Mietpreis 2018 pro m² immer noch bei unter 7 €. Als neue Eigentümerin kommt dann die Firma Landmarken AG ins Spiel, die 2018 drei der Mehrfamilienhäuser und das große Hochhaus erworben hat. Im Rückblick möchte man annehmen, dass Landmarken eine Chance gewittert hat, die Anwohner*innen noch mehr auszupressen. Weitere Sanierungen und starke Mieterhöhungen waren die Folge. In den Mehrfamilienhäusern liegt die Warmmiete für eine 65 m²-Wohnung mittlerweile bei 870 € (650€ kalt). Kalt also circa 10 €/m² und damit drei Euro höher als der Durchschnitt vor 5 Jahren. Dank dieses Vorgehens liegt der durchschnittliche Mietpreis im Preuswald heute bei 9 € pro m². Verdrängung und eine viel stärkere Belastung der Anwohnenden durch die Mieten werden von der Landmarken AG in Kauf genommen.
Mit dem POHA-House nun zeigt sich, dass die Firma bereit ist, noch weiter zu gehen und darauf abzielt, dem Preuswald durch gezielte Gentrifizierung ein ganz anderes Gesicht zu geben. Anwohnende der umliegenden Häuser erzählen, dass von den ehemaligen Bewohner*innen des Hochhauses aufgrund der neuen Mietpreise nach der Sanierung keiner zurückgekommen ist. Die neue Zielgruppe, für die das POHA-Haus konzipiert ist beschreibt Landmarken folgendermaßen: „Künstler, Freiberufler, Akademiker, junge Unternehmerinnen und Unternehmer – gerne auch Start-ups“1. Hier wird deutlich, dass eine Rückkehr der ehemaligen Bewohnerinnen niemals erwünscht war. Die neuen Mieter*innen werden mit schick möblierten Wohnungen und Zugang zu Gemeinschafts- und Arbeitsflächen angelockt. Es werden also Menschen angesprochen, die bisher nicht im Viertel leben. Von sozialer Verantwortung, der dramatischen Situation auf dem Wohnungsmarkt und dem Schicksal der Menschen, die durch das POHA-House verdrängt werden, ist nirgends die Rede. Hinzu kommt noch, dass solche überdurchschnittlichen Mieterhöhungen auch den Mietspiegel nach oben treiben und somit alle Mieter*innen in Aachen betreffen. Der Mietspiegel wird hier zudem als völlig bedeutungslos entlarvt. Laut dem aktuellen Mietspiegel dürfte ein möblierte 75-m²-Wohnung an der Altenbergerstraße 4 trotz Kernsanierung höchstens 804,67 € kosten. Wieso kann sich die Landmarken AG ungestraft darüber hinwegsetzen und hier 1100€ aufschlagen? Liegt es daran, dass sie als Mitglied der Initiative Aachen e.V. an der Erarbeitung des Mietspiegels beteiligt sind?
Die zunehmend konservativere Aachener Zeitung lobt die Landmarken AG mit ihrem POHA-House trotzdem völlig unkritisch als „nachhaltig und stylish“1 und von der Stadt gibt es nicht mal ein öffentliches Statement zu dieser Entwicklung. Wurde das Konzept genehmigt? Befürwortet die Stadt die „Aufwertung“? Wird die Firma trotz dieser Grausamkeit auch zukünftig ein normaler Partner in der Stadtentwicklung bleiben? Die Firma ist in Aachen vieler Orts präsent. Ob beim geplanten „Haus der Neugierde“, beim Continental-Areal, bei allen Umbauten am Theaterplatz, bei den Luisenhöfen oder beim Hutchinsons-Gelände, die Landmarken AG hat überall ihre Finger im Spiel.
Das Konzept des POHA-House wurde auch im Dahmengraben und am Theaterplatz umgesetzt. Es schließt an den Trend von überteuerten, möblierten Mikro-Apartments für Studierende an. In den letzten Jahren wurden eine ganze Reihe von privat finanzierten „Wohnheimen“ mit Apartments dieser Art eröffnet. Auslöser für diesen Trend war der Mangel an Wohnheimplätzen für Studierende und die Tatsache, dass für diese Wohnungskategorie die höchsten Mietpreise verlangt werden dürfen. Statt bezahlbare Wohnheime zu bauen und damit die übrigen Mieter*innen in Aachen von der Konkurrenz der Studierenden zu entlasten, wurde wieder nur die profitabelste Lösung für die Unternehmen gewählt. Die Stadt hat sich zwar mittlerweile öffentlich gegen den Trend ausgesprochen, aber die Eröffnung des POHA-House im Preuswald vermittelt den Eindruck, dass dies nur leere Worte waren.
Es zeigt sich also mal wieder, der Markt regelt gar nichts. Der Markt missachtet die Bedürfnisse der Vielen und erlaubt stattdessen einigen Wenigen, sich noch mehr zu bereichern. Die Stadt und höhere Regierungsebenen müssen endlich ihre Märchen von einer guten Zusammenarbeit zwischen privaten Immobilienunternehmen und der öffentlichen Hand beenden. Es müssen endlich mehr Lösungen für Probleme der Mieter*innen durchgesetzt werden. Ansonsten müssen sich die Politiker*innen nicht wundern, wenn das Vertrauen in der Bevölkerung in diese Form der Demokratie weiter schwindet. Es braucht einen Kurswechsel! Jetzt!
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1Aachener Zeitung (15.07.2023): „Poha House“ erfindet neue Work-Life-Balance.