Hutchinsons Areal: Gemeinwohl statt Profite!

Labore statt Industrie und Handwerk?  Wenn es nach dem Immobilienunternehmen „Landmarken AG“ und seinen Verbündeten geht, soll das bald an der Zeppelinstraße im Stadtteil Aachen-Forst Realität werden. Dort hat der Zusammenschluss aus Unternehmen das Gelände des ehemaligen Standorts der Firma „Hutchinsons“ erworben und im September 2023 seine Pläne dafür vorgestellt. Das Areal liegt in direkter Nachbarschaft zum Continental-Gelände, für das im Moment ebenfalls Zukunftskonzepte erarbeitet werden. Die Entwicklung beider, des Hutchinsons- und des Continentalgeländes, wird sich voraussichtlich gegenseitig stark beeinflussen und sich somit auch auf die Gesamtentwicklung des angrenzenden Stadtteils auswirken.

Flächen für Neubau sind in Aachen knapp. Gleichzeitig stellt der Klimawandel eine enorme Herausforderung für den Städtebau dar. Umso sorgfältiger sollten solche Großprojekte an der Zukunft ausgerichtet sein.

Das Konzept, das nun präsentiert wurde, liest sich zunächst so, als ob es diesem Anspruch gerecht würde. Vorgesehen ist eine Nutzungsmischung aus Wohnen und Arbeiten, für die Dächer wird sogar eine Sportanlage vorgeschlagen. Da Landmarken AG jedoch schon so oft die Entwicklung ganzer Stadtteile in Aachen negativ und rein renditeorientiert beeinflusst hat, gilt es vorsichtig zu sein1. Bereits mit dem Versuch, Aachen-Forst durch den Bau der Aachen Arkaden aufzuwerten, ist die Landmarken AG (und mit ihr die Stadt Aachen) krachend gescheitert. Um von diesem Debakel abzulenken, wurde auf der gegenüberliegenden Straßenseite das „Vorbildprojekt“ Quartier Guter Freund gebaut. Dort sind viele Sozialwohnungen entstanden, aber nach nur wenigen Jahren ist die gesamte Fassade sanierungsbedürftig und Mieter*innen klagen über schlechte Behandlung. Zudem sind die Durchschnittsmieten im Stadtteil infolge dieses Projekts stark gestiegen.

Um einschätzen zu können, was das Projekt auf dem Hutchinson-Areal für Aachen-Forst bedeuten wird, gilt es also zu fragen: Wie viel Wohnraum soll dort entstehen? Wird es Wohnraum sein, der sich an den Bedürfnissen der durchschnittlich ärmeren Bevölkerung in Aachen-Forst orientieren? Oder teure Luxuswohnungen wie sie Landmarken AG gerade im Preuswald durchsetzt? Für wen werden die Arbeitsplätze sein? Für hochqualifizierte Akademiker*innen, die bisher nicht im Stadtteil wohnen? Oder für Handwerker*innen und Industriearbeiter*innen aus der Nachbarschaft? Werden dort die Menschen wohnen und arbeiten, die unsere Gesellschaft braucht für eine klimafreundliche und sozial-gerechte Transformation? Oder werden es die Menschen sein, die eine kapitalistische Stadtentwicklung fördern?

Sollte die Landmarken AG & Co durchsetzen, dass sich dort wissensintensive Dienstleistungsunternehmen oder Außenstellen der Hochschulen ansiedeln und überwiegend hochpreisiger Wohnraum entsteht, wäre das ein verheerendes Signal für den Stadtteil und die ganze Stadt. Es wäre zu befürchten, dass die Vermieter*innen der Umgebung das neue Publikum im Stadtteil zum Vorwand nehmen, bei Neuvermietungen nur noch diese Zielgruppe zu bevorzugen und die Mieten drastisch zu erhöhen. Verdrängung oder ein höheres Armutsrisiko für die jetzigen Bewohner*innen wären unvermeidbar. Die Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, weshalb hier nicht Orte für Branchen geschaffen werden, die für die Bewältigung des Klimawandels, des demografischen Wandels und mehr sozialer Gerechtigkeit essenziell sind. Im Handwerk, das für die Bewältigung vom klimagerechten Umbau der Städte so dringend benötigt wird,  herrscht Fachkräftemangel. Das Gesundheits- und Pflegesystem ist völlig überlastet und das Bildungssystem kaputtgespart. Warum also nicht im Arbeiter*innenstadtteil Forst das vom DGB geforderte Azubi-Wohnheim bauen und Ausbildungsbetriebe ansiedeln? Gleichzeitig sollten hier Bildungs- und Kulturangebote einen Platz bekommen, die den Aufbau von Nachbarschafts-Netzwerken und das Zusammenwachsen des von Migration geprägten Stadtteils bestärken und letztlich Armut bekämpfen könnten. Zudem fehlt dem Stadtteil ein zentraler Platz mit Aufenthaltsqualität.

Insgesamt wird sich das Projekt daran messen lassen müssen, ob es die Bedürfnisse der Bevölkerung im Stadtteil und ganz Aachen fokussiert oder nur eine weitere Kapitalanlage im Portfolio der Landmarken AG & Co. darstellt. Die Stadt hat die Chance, letzteres zu verhindern und eine bedarfsgerechte Bebauung und Entwicklung durchzusetzen. Wir werden den Prozess weiter beobachten und gegebenenfalls Protest organisieren!

1siehe unsere Recherche zur Landmarken AG auf unserer Website: www.rechtaufstadt-aachen.de

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