Kommentar zum geplanten Campus West

Im November konnten sich die Bewohner:innen Aachens die Pläne für den Campus West anschauen und kommentieren. Dabei geht es darum, wie das Gelände am Bahnhof West bebaut werden soll. Diese Frage wird vor allem für diejenigen wichtig sein, die auf dem Campus West lernen, forschen und arbeiten sollen. Was bei dieser Diskussion bisher vernachlässigt wurde, ist, welchen Effekt der Campus West für den Rest von Aachen haben wird. Das Einzige, was bei den meisten ankommt, ist, dass wir uns freuen dürfen, mit Campus Melaten und West bald den größten Forschungscampus Europas in der Stadt zu haben. Das Ziel ist, große Unternehmen und hoch qualifizierte Arbeitskräfte anzulocken. Insgesamt sollen dadurch 10 000 neue Arbeitsplätze entstehen. Das bedeutet viele neue Gesichter in Aachen. Wegen dem angespannten Wohnungsmarkt sollten wir uns dringend fragen, wo sie alle unterkommen sollen.

Die RWTH gibt keine Antwort auf diese Frage. Während für den Campus Melaten gar keine Wohnung gebaut wurden, werden es für Campus West circa 800 Wohnungen. Davon sind nur knapp 100 Wohnungen mit 6 €/qm bezahlbar. Der Rest wird bis zu 20 €/qm Miete kosten oder für bis zu 8000 €/qm als Eigentum verkauft. Das bedeutet rein rechnerisch, dass nur ein kleiner Teil der 10.000 neuen Arbeitskräfte und Studierenden dort eine Wohnung finden kann. Zweitens, dass besonders diejenigen, die sich keine hohen Mieten leisten können, andere Wohnungen suchen müssen. In einem RWTH-Wohnheim müssten Studierende beispielsweise nur knapp 200€ Miete bezahlen. Da aber die RWTH viel zu wenig Wohnheimplätze anbietet, müssen viele auf den freien Wohnungsmarkt ausweichen. Dort stehen sie in Konkurrenz zu allen Aachener:innen, die auch auf eine bezahlbare Wohnung angewiesen sind. Und das werden von Jahr zu Jahr mehr!

Diese Situation hat verschiedene Auswirkungen auf den Wohnraum in Aachen. Einerseits können Studierende häufig höhere Mieten bezahlen als Renter:innen, Geflüchtete oder Alleinerziehende. Deswegen fokussieren sich Investor:innen immer stärker auf sie. Mittlerweile kommen Investor:innen aus aller Welt nach Aachen, um Studi-Wohnheime mit Mieten zu Höchstpreisen zu bauen. Sei es auf dem Gelände des Campus West, am Theaterplatz, in der Bastei oder in der Beverstraße. Andererseits treiben überall Vermieter:innen die Mieten hoch, da sie davon ausgehen können, dass es immer einen Studi in Not geben wird, der die Wohnung bezahlt. Das beste Beispiel findet sich direkt neben Campus Melaten: Auf der Hörn sind die Mieten zwischen 2013 und 2018 um 32 % gestiegen. Nur im Stadtteil Kronenberg ist die Miete im gleichen Zeitraum stärker gestiegen.

Diese Entwicklung passiert also nicht erst seit gestern und die Stadt schaut zu.

Diese Entwicklung passiert also nicht erst seit gestern und die Stadt schaut zu. Statt mit dem städtischen Immobilien-Unternehmen Gewoge am Campus West eigene, bezahlbare Wohnungen zu bauen, wurde das Gelände 15 Investor:innen übergeben, die jetzt mit Förderung aus Steuergeldern teure Wohnungen bauen. Außerdem beinhaltet keines der genannten privaten Studi-Wohnheime den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil von 40 % Sozialwohnungsbau. Genehmigt wurden sie trotzdem.

Mieter:innen werden vergessen und Investor:innen gefördert. Der Effekt ist mittlerweile in ganz Aachen spürbar! Überall explodieren die Mieten und bezahlbare Wohnungen werden Jahr für Jahr knapper. Solange die RWTH weiterhin ungebremst Studierende und Arbeitskräfte nach Aachen holt, ohne eigene Wohnheime anzubieten, wird sich diese Entwicklung fortsetzen! Solange die Wohnungsfrage bei den Campus Projekten nicht geklärt ist, werden die Mieten in Aachen weiter hochgetrieben!

Wir fordern die RWTH auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und selbst für bezahlbare Unterbringungen zu sorgen! Wir fordern die Stadt auf, die Wohnungsnot endlich ernst zu nehmen. Wir fordern, dass das Campus Projekt erst abgesegnet wird, wenn geklärt ist:

– wo die neuen Arbeitskräfte und Studierenden wohnen sollen!

– dass kein preistreibender Effekt auf den Wohnungsmarkt entsteht!

PS: Natürlich sind die RWTH und ihre Großprojekte nicht die einzigen Gründe für die explodierenden Mieten in Aachen. Es braucht dringend auf allen politischen Ebenen mehr Bemühungen, Mieten zu senken und bezahlbaren Wohnraum langfristig bereitzustellen. Das Ziel muss sein, dass unser Grundbedürfnis Wohnraum keine Ware mehr ist! Wohnraum ist Menschenrecht!

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