Die Landmarken AG ist wahrscheinlich das bekannteste Immobilienunternehmen Aachens und größter Projektentwickler NRWs. Der Firmengründer Norbert Hermanns zeigt sich regelmäßig in der Öffentlichkeit und stellt sich als Wohltäter der Stadt dar. Die Stadt Aachen begreift die Firma als Partner und vergibt auffällig viele Aufträge an sie. Zusätzlich unterstützt die Stadt das gute Image mit Einladungen zu Interviews z. B. zur Entwicklung des Quartiers Aachen-Nord oder zum öffentlichen Gespräch mit der Oberbürgermeisterin. Sogar die Lokalmedien (AZ/AN & WDR) stellen das Unternehmen in ein gutes Licht. Dabei wäre eine kritische Recherche angebracht! Denn der genaue Blick zeigt, dass der Einfluss des Unternehmens enorme unsoziale Auswirkungen und die Entwicklung Aachens insgesamt – von der Öffentlichkeit oft unbemerkt – negativ beeinflusst hat. Das Unternehmen bereichert sich auf Kosten der Bevölkerung, spekuliert mit Bauprojekten und vermeidet Steuern. Eine Stadtverwaltung, die das Wohlergehen ihrer Bevölkerung im Blick hat, sollte dieses Unternehmen in seine Schranken weisen, statt es zu hofieren.
Gegründet wurde die Landmarken AG vor 35 Jahren. Sie ist mittlerweile deutschlandweit in 18 Städten aktiv. In Aachen finden sich im ganzen Stadtgebiet Bauprojekte, in die Landmarken AG involviert ist oder war. Ein Projekt, auf das in Interviews immer wieder verwiesen wird, ist das Quartier „Guter Freund“ in Aachen-Forst. Dort wurde zu 70 % sozialer Wohnraum geschaffen. Das Projekt ist jedoch zeitlich befristet und hat trotz hoher Sozialwohnungsquote zu einem überdurchschnittlichen Mietanstieg (im Vergleich mit dem Rest Aachens) im Stadtteil beigetragen¹. Dennoch wird das Projekt als Vorbild verklärt und dient als Deckmäntelchen für viele andere Bauprojekte, die problematische Entwicklungen in der Stadtgesellschaft befördern. Der erste Reinfall für Aachen steht direkt gegenüber dem Quartier „Guter Freund“: Die Aachen Arkaden. Das Projekt wurde als eins der ersten Großprojekte 2005 von Landmarken AG initiiert, mit dem Ziel, das Ostviertel aufzuwerten. Einen Mehrwert für die Nachbarschaft hatte das Projekt jedoch nie. Nicht lange nach der Eröffnung standen bereits viele Ladenlokale leer. Wäre nicht das Gesundheitsamt der Städteregion eingezogen, wäre das Einkaufscenter heute ein Geisterhaus. Trotz des bereits hohen Leerstands und des allgemeinen Wohnraummangels baute Landmarken AG zwischen den Aachen Arkaden und dem Quartier „Guter Freund“ noch einen weiteren Bürokomplex, der ebenfalls vom öffentlichen Dienst (Zollamt) bezogen wurde. Weitere Steuermillionen sind Landmarken AG durch die Entwicklung des Jobcenters an der Krefelder Straße oder verschiedenen Gebäuden auf dem Campus Melaten zugeflossen.
Das prominenteste Projekt, bei dem die Stadt schließlich gezwungen war, einzugreifen, war jedoch der Standort Büchel. Nachdem der Investor Gerd Sauren dort jahrelang gemeinsam mit Landmarken AG die Stadtentwicklung blockiert hatte, kaufte die Stadt dort schließlich Flächen „zurück“, um das Projekt selbst in die Hand nehmen zu können – Dank der steigenden Bodenpreise eine gelungene Spekulation der Investoren. Dies könnte auch im benachbarten Horten-Haus (ehem. Lust-For-Life) passieren. Das Gebäude ist in Besitz der Landmarken AG, steht ebenfalls seit Jahren leer und wartet nur darauf, dass der Büchel entwickelt wird und der Bodenpreis explodiert. Statt von stadtpolitischer Seite Druck auf die Firma auszuüben, dort bezahlbaren Wohnraum zu realisieren als Startschuss für einen „Büchel für alle“, wurde zuletzt ins Spiel gebracht, dass die Stadt wieder einspringt und das Gebäude für die enorme Summe von 100 Millionen aufkauft, um dort Stadtbibliothek und VHS zusammenzulegen ². Wenn man bedenkt, dass im städtischen Budget/Finanzplan nur 6,3 Millionen Euro jährlich für Sozialwohnungen vorgesehen sind, ist schnell erkennbar wie die Prioritäten der Stadtpolitik gesetzt werden. Trotz der vielen Fehlschläge um Aachen Arkaden, Büchel und Horten-Haus konnte sich Landmarken AG wahrscheinlich deswegen ein gutes Ansehen bewahren
Auch an der Entwicklung des Theaterplatzes ist das Unternehmen stark beteiligt. Leider sind dort keine Wohnungen, sondern nur das größte Hotel Aachens und Büros entstanden. Genauso wie im „Stadtpalais“ an der Theaterstraße oder in den „Karmeliterhöfen“ im früheren Polizeipräsidium. Zusätzlich unterstütz Landmarken AG die Gruppe die eine Aquaponik-Anlage unter dem Bushof einrichten. Die Testphase lief in einer Gewerbehalle der Firma in Laurensberg ³. Sollte der Bushof aufgewertet werden, würde das auch den Wert des Horten-Hauses steigen lassen. Zuletzt kaufte die Firma den großen „Karlshof“ am Markt und wird den Standort nun „aufwerten“. Die Innenstadt als Spielwiese der Landmarken AG bringt jedenfalls keine Lebensqualität für die Menschen, keine soziale Gerechtigkeit, sondern nur Kommerz und Ungleichheit.
Dies zeigt sich auch dort, wo sich die Landmarken AG stark am Trend zu überteuerten Mikro-Appartements für Studierende beteiligt. Zwei Studi-Wohnheime, am E-Garten und am Westbahnhof und zwei Boardinghäuser werden von der Landmarken AG gebaut und betrieben. Obwohl die Stadt sich offen gegen diesen Trend ausspricht, werden die Projekte nicht verhindert.
Wir vermuten, dass die Stadt der Landmarken AG einiges nachsieht, seit die Firma mit der Umsetzung des Leuchtturmprojekts der „Digital Church“ den Grundstein zur Neuentwicklung Aachen-Nords gelegt hat. Das Projekt hat in dem Stadtteil millionenschwere Investitionen in moderne Büro- und Forschungslandschaften ausgelöst, die Aachens Image als moderne Wissenschaftsstadt einen starken Auftrieb gegeben haben. Durch den Imagewandel wurde jedoch Gentrifizierung ausgelöst, die sich in den letzten Jahren immer stärker bemerkbar macht. Statt mit Investitionen in bezahlbaren Wohnraum die Sozialstruktur des Viertels zu sichern, befeuert die Landmarken AG den Prozess mit Imagekampagnen und dem Ankauf und der Umgestaltung des Technologiezentrums am Europaplatz zum „Urban Village“. Da das Projekt nicht gut lief, ist auch hier der Staat eingesprungen und hat eine Polizeiakademie einziehen lassen.
Auch in Aachen-Ost wird sich der Einfluss der Landmarken AG weiter bemerkbar machen. In der Bismarckstraße wurde ein Wohnhaus entwickelt und in unmittelbarer Nachbarschaft des Hirsch-Centers besitzt die Landmarken AG das Grundstück, auf dem sich momentan eine große Autowaschanlage befindet⁴. Da für das Gelände auf der Ecke Stolberger Straße / Elsassstraße ein Architekturentwurf zur Umnutzung der Gewerbeflächen zu Wohnraum existiert, vermuten wir, dass die Firma nur darauf wartet, sich an dem Umbau beteiligen können⁵.
In Burtscheid wurden bereits zwei Luxus-Wohnprojekte umgesetzt, ohne sozialen Wohnraum. Rund um das Ponttor wurden ebenfalls zwei Luxus-Wohnprojekte gebaut. Am Veltmannplatz gemeinsam mit der umstrittenen CG-Gruppe und am Lousberg wurde gegen den Willen der Nachbarschaft der historische Bunker durch teure Eigentumswohnungen und Stadthäuser ersetzt⁶. Der Bunker war der Ort, an dem ein Wehrmacht-Oberst die Kapitulation unterschrieben hat, wodurch Aachen bereits im Oktober 1944 als erste Stadt Deutschlands vom Faschismus befreit wurde. Ein sehr symbolträchtiger Ort für ganz Deutschland wurde für Luxuswohnungen und Profit abgerissen, eine Schandmarke der Landmarken.
Als Landmarken 2018 feststellte, dass sich das Viertel Preuswald in der Aufwertung befindet, hat sie mehrere hundert Wohnungen von Vonovia abgekauft. Seitdem wurden bereits die Mieten erhöht. Das größte der dortigen Hochhäuser wurde entmietet und wird nun aktuell saniert. Um davon abzulenken, dass Preuswald eine der letzten Möglichkeiten für ärmere Menschen bietet, eine Wohnung zu finden, wird das Projekt als „Waldmarke“ beworben. Statt soziale Verantwortung zu zeigen und den bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, wird in Krisenzeiten ein Geschäft mit dem Leid der Ärmsten gemacht und Verdrängung in Kauf genommen. Die Stadt feiert die Entwicklung als „gelungene Quartiersentwicklung“ und „soziale Durchmischung“. Wir nennen dieses Bündnis aus Staat und Wirtschaft „Immobilien-Verwertungs-Koalition“.
Diese Koalition arbeitet auch bei der Erstellung des Mietspiegels Aachens zusammen. Teil dieses Prozesses ist die Initiative Aachen, ein Zusammenschluss aus Akteur:innen der lokalen Wirtschaft u.a. Vertreter:innen der Landmarken AG. Das Unternehmen übt also neben den vielen Aufkäufen und Bauprojekten auch ganz direkten Einfluss auf den Mietpreis in der ganzen Stadt aus. Dies wurde bisher nicht öffentlich thematisiert.
Am heftigsten wurde die „Immobilien-Verwertungs-Koalition“ rund um das Projekt „Luisenhöfe“ im Südviertel kritisiert. Dort will die Landmarken AG zusammen mit anderen Unternehmen ein großes Wohngebäude in einen Block-Innen-Bereich bauen. Da auch dieses Projekt ausgesprochen profitorientiert ist, ohne Rücksicht auf die Umgebung & Natur hat sich schon früh eine Bürger:innen-Initiative gegründet. Diese musste sich stark für ihr Recht auf Beteiligung einsetzen, um zu Wort zu kommen. Die Stadt unterstellte ihr gar, es gehe nur um den „eigenen“ Garten. Ihre Ideen und Forderungen, die einen Nutzen für ganz Aachen hätten, wurden jedoch bis heute nicht eingearbeitet. Die Website des Projekts ist gefüllt mit wohlklingenden Phrasen wie „Grünstadtmenschen“, aber es gibt keine höhere Sozialwohnungsquote, keinen Erhalt historischer Bausubstanz, keine ökologische Bauweise und kaum Schutz für wertvolle Grünflächen. Nach jahrelanger Auseinandersetzung erdreistet sich die Landmarken AG sogar, sich auf einem alten Bunker im Planungsgebiet ein Denkmal zu setzen. Statt mehr Flächen für die Nachbarschaft wollen sie auf dem Dach des Bunkers ihr Büro errichten. Wir werden weiter gegen diese Pläne mobil machen.
Aber auch die Landmarken AG wird weiter machen. In Würselen hat sie kürzlich ein großes Gelände in der Innenstadt gekauft und auch in vielen anderen Städten Deutschlands entstehen immer neue Projekte. Dabei sind alle ihre Projekte als deutlicher Beitrag zur „Stadt der Reichen“ zu deuten. Zum Beispiel in Münster wurde die Landmarken AG bereits dafür kritisiert, dass sie mithilfe der Polizei das Straßenleben auf dem Bremer Platz verdrängt, um das Projekt „Hansator“ umzusetzen⁷. Weitere „Vorbildprojekte“ wie am „Guter Freund“ fehlen völlig.
Dazu kommt, dass die Landmarken AG Millionen an Steuergeldern durch Tochtergesellschaften vermeidet. „Büchel GmbH“, „Luisenhöfe GmbH“, „Südpark GmbH“ – für jedes Projekt eine neue Tochtergesellschaft. Außerdem werden viele Aktivitäten von der Tochtergesellschaft „Stadtmarken“ übernommen. Ein Firmengeflecht, dass kaum zu durchblicken ist und der Familie Hermanns viele Millionen zukommen lässt. Gerüchten nach thronen sie in einer Villa am Preusweg über der Stadt und fühlen sich wahrscheinlich wie Fürsten. Schließlich zeigt diese Aufzählung, wie stark Aachen von der Familie beeinflusst ist. Sie tragen stark zur Stadtteil- und Innenstadtentwicklung bei und lenken sie zu ihren Gunsten. Somit tragen sie auch große Verantwortung für das Leid der Mieter:innen, die Verschärfung der Wohnungsnot und dem Niedergang der Innenstadt als sozialer Ort für alle. Die Stadt sollte ihre Zusammenarbeit sofort aufkündigen und anfangen, die Firma dazu zu zwingen, ihren Reichtum und Besitz in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.
Quellen:
¹ Verdrängungsatlas der Stadt Aachen: Abbildung 3: Schönforst 25,7 %
² Aachener Nachrichten (23.03.22): Horten-Haus lässt Politiker schwer schlucken
³ Aachener Nachrichten (01.03.22): Erste unterirdische Fischfarm am Bushof im Bau
⁴ Immobilienzeitung (03.01.13): Landmarken kauft Max-Bahr-Immobilie.
⁵ GPG Architektur: Neues Wohnen im Ostviertel (https://www.gpg-architektur.de/projekte/neues-wohnen-im-ostviertel-aachen/)
⁶ Nachbar*innen für die Liebig34 (02.06.20): CG-Gruppe bedeutet Verdrängung. (https://de.indymedia.org/node/85828) /Aachener Nachrichten (13.11.13): Bürgerinitiative spricht von „Mauer des Schweigens“
⁷ Eklat Münster (03.04.22): Dreck und Farbe dem Hansator! Solidarität mit der Szene am Bremer Platz (Auf Instagramm gefunden)
Landmarken-Karte