Was ist eigentlich aus der Oppenhoffallee 8 geworden?
Vor bereits einem Monat wurden der Städteregion Aachen etwas mehr als 1000 Unterschriften übergeben, mit der Forderung, den Verkauf des Hauses Oppenhoffallee 8 zu verhindern. Bevor die Mieter:innen im April 2021 von dem drohenden Verkauf erfuhren, war seit Jahren nichts am Haus repariert worden. Ein typisches Verhalten für Immobilienspekulation. Untypisch: Das Haus ist in Besitz des Wohnungsunternehmens GWG, welches sich bezahlbarem Wohnraum verpflichtet hat. Die GWG wird zu 93 % von der Städteregion Aachen, angehörigen Kommunen und Unternehmen geleitet, wodurch im Aufsichtsrat Vertreter:innen u.a. der SPD, CDU und Grünen sitzen. Das Unternehmen verwaltet in der gesamten Städteregion 1450 Wohnungen, z.B. die Sozialwohnungen Eschweilers. Es trägt somit eine große Verantwortung in unser Region.
Kurz nach der Übergabe der Unterschriften sollte der Aufsichtsrat der GWG tagen und eine Entscheidung bezüglich der Oppenhoffallee 8 treffen. Seitdem herrscht jedoch Funkstille. Kein Kontakt zu den Mieter:innen, keine Pressemitteilung, kein Zeitungsartikel. Wochenlange Protestkampagnen, Aktionen und die Unterschriftensammlung wurden einfach abgetan und ignoriert. Alle Versprechungen bezüglich Bürger:innenbeteiligung und Transparenz gelten plötzlich nichts mehr! Bereits im Dezember 2020 hatte FridaysForFuture mehr Beteiligung an der Regionalentwicklung von der Städteregion Aachen eingefordert. Offensichtlich hat sich seitdem nichts an der Einstellung geändert. Besonders erschreckend ist, dass trotz des Protests nicht mal die lokalen Parteien es als notwendig erachten, sich öffentlich zu erklären. Über Parkplätze und Digitalisierung wird groß diskutiert, aber wenn es um das Schicksal von Mieter:innen geht geschwiegen?! Das wirft auch kein gutes Licht auf die großen Versprechungen der Keupen-Regierung bezüglich Beteiligung.
Erst über informelle Kanäle hat die Mieter:innen die bittere Nachricht erreicht, dass die Oppenhoffallee 8 verkauft werden soll. Mit welchen Argumenten dies geschah ist für die Mieter:innen und die Öffentlichkeit bis heute nicht nachvollziehbar. Das Thema wird totgeschwiegen!
Wir fordern die GWG, die Städteregion Aachen und alle beteiligten Parteien auf die Entscheidung öffentlich zu erklären! Sollte diese Entscheidung aus marktwirtschaftlichen Gründen getroffen worden sein, fordern wir die GWG auf, die Entscheidung zurückzunehmen. In Anbetracht der aktuellen Wohnungsnot darf Wohnraum nicht länger als Ware behandelt werden! Kommunaler Wohnraum darf nicht mehr privatisiert werden!
Zur GWG und der Städteregion:
Ein mögliches Argument für den Verkauf der Oppenhoffallee 8 ist, dass mit dem Erlös sozialer Wohnraum entstehen soll. Diese Argumentation würde zeigen, dass selbst eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) der kapitalistischen Marktlogik folgt. Um zu investieren, müssen erst Gewinne gemacht werden. Diesmal auf Kosten der Mieter:innen. Dabei müsste das nicht sein! Jedes Jahr bleiben in NRW Millionen Fördergelder für Sozialwohnungen übrig. 2020 waren dies 100 Millionen €.* Außerdem ist die GWG ein Unternehmen, in dem überwiegend von Politiker:innen bestimmt wird. Sollten diese merken, dass Geld fehlt, sollten sie in ihre Partei hineinwirken und für bessere Förderung sorgen, anstatt Mieter:innen gegeneinander auszuspielen. Als politische „Vertreter:innen“ der Mieter:innen sollten sie guten Kontakt pflegen, die Bedürfnisse anhören und dementsprechend handeln. Natürlich ist dies eine sehr optimistische Forderung, fast schon naiv. Schließlich haben dieselben Politiker:innen in den vergangenen Jahren zugelassen, dass der Mietenwahnsinn sich auf die gesamte Region ausgebreitet hat. In sieben von zehn Kommunen sind die Mieten überdurchschnittlich stark gestiegen und in allen besteht ein großer Bedarf an Mietwohnungen. Nur an vereinzelten Stellen existiert noch viel bezahlbarer Wohnraum. Dort konzentriert sich nun die Armut. Dies sind neben dem Aachener Osten, Baesweiler-Setterich sowie die Innenstädte von Alsdorf und den Katastrophengebieten Eschweiler und Stolberg². Die Menschen, die aus Aachen verdrängt werden, verschlägt es oft dorthin. Unternehmen wie Vonovia, VivaWest und LEG nutzen diese Entwicklung aus. Vonovia mit vielen Aufkäufen in Eschweiler, Preuswald oder Aachen-Nord, gefolgt von Mietererhöhungen. VivaWest mit mehr als 10.000 Wohnungen in der Region. Die GWG zeigt keine Ambitionen etwas dagegen zu halten. Der Bestand an Wohnungen hat sich in den letzten Jahren nicht vergrößert. All das hat dazu beigetragen, dass die Städteregion die zwölft-ärmste Region Deutschland ist³. Trotzdem werden in der regionalen Politik alternative Ideen gegen den Mietenwahnsinn wie ein Mietendeckel gar nicht erst diskutiert. Sollte sich an all dem nichts ändern, werden in den kommenden Jahren die Mieten weiter steigen und immer mehr Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen. Mieter:innen würden immer stärker belastet, arme Menschen immer weiter an den Rand gedrängt und die soziale Ungleichheit immer größer werden.
All das heißt für uns vor allem eines: Die Städteregion braucht eine starke Mieter:innenbewegung die Druck macht! Die Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne, ein Mietendeckel und kollektive Rechte für Mieter:innen könnte auch in unserer Region für große Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen! Viele Menschen könnten dadurch von großer Belastung befreit werden! Sorgen wir gemeinsam dafür, dass es passiert!
Falls ihr Lust habt, am Aufbau einer Mieter:innenbewegung mitzuwirken, meldet euch gerne bei uns!
- Städteregion Aachen (2018): Sozialberichterstattung StädteRegion Aachen 2018
- ² Wohnbau LEMGOeG (2021): WohneNRW-Tag beleuchtet die Wohnraumförderung in NRW
- ³ Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2017): Regionale Armut in Deutschland