Nach einem Zeitungsartikel und einigen Leserbriefen, nun auch von uns ein Rückblick auf die Bürgerbeteiligung zu den Luisenhöfen am 14.03.19!
Da wir schon länger in Kontakt mit der Bürgerinitiative Luisenhöfe
sind, haben auch wir die Informationsveranstaltung der Stadt am
vergangenen Donnerstag besucht. Bevor es losging, halfen wir dabei
Unterschriften zu sammeln für die Forderungen der Initiative. Schon dort
begegneten uns viele Anwohner_innen, die sehr motiviert wirkten, ihre
Belange zu äußern. Das Interesse war sehr groß und der Raum bis hinten
gefüllt.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde der Entwurf für die Bebauung vom Architekten vorgestellt, der dabei jedoch
auf viele konkrete Zahlen verzichtete, wie z.B. die der öffentlich
geförderten Wohnungen. Diese konnten jedoch später durch Fragen geklärt
werden. Außerdem wurde im Verlauf der Veranstaltung mehrfach Kritik an
den Abbildungen geäußert, im Bezug auf Verständlichkeit und Verzerrung
der Tatsachen. Schon an dieser Stelle wäre es also wünschenswert mehr
Rücksicht auf verschiedene Kenntnisstände und Verständlichkeit zu
achten!
Im Anschluss an die Vorstellung hatte das Publikum die Möglichkeit
Fragen zu stellen und Anregungen einzubringen. Wir waren sehr positiv
überrascht, wie viele Bürger_innen und vor allem Anwohner_innen etwas
beizutragen hatten. Einige Fragen bezogen sich konkret auf die
persönliche Betroffenheit z.B. wegen Lärmbelästigung, die meisten Fragen
drehten sich jedoch um Aspekte wie Nachhaltigkeit, der Anzahl an
Sozialwohnungen, den Erhalt der bestehenden Ökosysteme oder die
zusätzliche Verkehrsbelastung. Die Forderungen, die von der
Bürgerinitiative gestellt werden, wurden so gut wie alle geäußert. Die
prägnantesten Forderungen waren dabei, die nach einem autofreien Block
sowie eine maximale Anzahl an öffentlich gefördertem Wohnraum. Es wurde
sogar aus dem Publikum spontan eine Abfrage gemacht, wer sich generell
gegen eine Bebauung dieser Form aussprechen würde. Wir konnten so
schnell nicht zählen, aber es wird circa ein Drittel der Anwesenden die
Hand erhoben haben. In dieser Phase der Veranstaltung, sowie im
anschließenden Gespräch, war deutlich zu hören wie sehr die
Berücksichtigung der verschiedenen Dimensionen von Nachhaltigkeit, also
auch im sozialen Sinne, von den Bewohner_innen gewünscht wird, da sie
als Voraussetzung für ein angenehmes Wohnumfeld gelten. Wir denken die
Tatsache, dass die Diskussion um ein nachhaltiges Leben, also u.a. auch
das Verhindern des Klimawandels, so stark von der Bevölkerung geäußert
wird, uns Hoffnung geben kann. Es unterstreicht die Forderung der
Initiative, aus den Luisenhöfen ein Projekt mit Vorbildcharakter zu
machen. Dies sollte für die Stadtverwaltung ein Grund zur Freude sein,
da es zeigt, wie viele Menschen gerne mitarbeiten möchten, wenn eine
klimaschonende & soziale Veränderung angegangen werden soll.
Leider machte die Vertretung der Stadtverwaltung nicht den Eindruck, als
würde er sich darüber freuen, und die zwei anwesenden Investoren schon
gar nicht. Die Investoren machten sich vor allem durch ihr Schweigen,
verschränkten Armen und ab und zu durch ein spöttisches Lachen
bemerkbar. Neben floskelartigen Statements war der Höhepunkt der
Kommunikation, der Versuch eines Investors die Erweiterung des
Parkhauses des Luisenhospitals damit zu begründen, dass wir uns doch
sicher alle darüber freuen würden, wenn es uns wie ihm ergeht und wir
auch an einem Bandscheibenvorfall leiden. Erklärungen, welche Antworten
ihr Projekt auf gesellschaftliche Probleme Aachens geben könnte, wie sie
zu den Wünschen der Bewohner_innen stehen oder warum ihr Projekt gebaut
werden sollte blieben aus. Dieses Auftreten, bei einer Veranstaltung,
die für die Bewohner_innen eine so große Bedeutung hat, ist erschreckend
und beweist, wie wenig die Investoren mit der Lebensrealität der
Bewohner_innen zu tun haben wollen. Das halten wir für inakzeptabel, da
es sich um den Lebensraum, die zweite Haut für einen jeden von uns geht.
Genauso inakzeptabel war das Verhalten des Vertreters der
Stadtverwaltung an diesem Abend. Er war zwar mehr als die Investoren
dazu gezwungen auf die Beiträge des Publikums einzugehen, gab allerdings
zu vielem nur ausweichende Antworten oder ließ bestimmte Punkte aus.
Ebenso wie die anwesende Vertreterin des Umweltamts oder des
Verkehrsamtes. Fragen, z.B. wie der Boxpark bei absinkendem
Grundwasserspiegel erhalten werden soll, was mit den Bewohner_innen der
Wohnungen auf den Garagen passiert oder warum ein Verkauf des Boxparks
an einen Investor in Betracht gezogen wird, wurden nicht beantwortet.
Bei Fragen nach Gutachten wurde meistens auf die noch kommende
Offenlegung verwiesen, da wichtige Gutachten z.B wegen Umweltbelangen
noch nicht vorliegen. Nicht mal die Fakten bzw. ein vollständiges
Gutachten zum Verkehrsverhalten der Randbebauung lagen vor. Aus unserer
Sicht müssten alle Gutachten zu Einflüssen auf die Umwelt, den Verkehr,
die Bewohner_innen etc. bereit liegen, sobald das Projekt als
realistisch eingestuft wird.
Besonders drei Punkte sind uns aufgefallen, die die Haltung der
Stadtverwaltung besonders gut zeigen. Als es darum ging, wie viel
geförderter Wohnraum möglich ist, lautete die Antwort: „Das Projekt
läuft schon länger als zwei Jahre, damals gab es den Beschluss zu 40%
Sozialwohnungen noch nicht, also müssen wir das nicht machen!“ Wie kann
es sein das in einer Stadt, in der davon ausgegangen wird, dass in den
kommenden Jahren circa 10.000 Sozialwohnungen fehlen, ganz zu schweigen
von bezahlbarem Wohnraum auf dem freien Markt, die Verwaltung es nicht
als wünschenswert ansieht bei jeder Gelegenheit möglichst viele
Sozialwohnungen zu schaffen? Die Begründung findet sich in einer
späteren Antwort, bei der es hieß, dass die Bebauung der Luisenhöfe
notwendig sei, da in Aachen ein Mangel an Wohnraum herrsche. In
Anbetracht der letzten Neubauten, z.B. Kronprinzenquartiere, kann das
nur ein schlechter Witz sein. Es ist doch offensichtlich das wir in
Aachen nicht mehr teuren Wohnraum benötigen, sondern eine ganze Menge
bezahlbaren Wohnraum. 100% Sozialwohnungen wären eigentlich das einzig
Vernünftige, würde das jetzige Wirtschaftssystem dies erlauben. Für uns
verdeutlicht sich hierbei, dass die Attraktivität für Investitionen von
der Stadtverwaltung höher angesehen wird, als das was für die
Bewohner_innen dabei entsteht. Der letzte Moment, bei dem klar geworden
ist, dass diese Art von Veranstaltung keine echte Beteiligung darstellt,
passierte, als es um den weiteren Verlauf der Beteiligung ging. Es
wurde aus dem Publikum angemerkt, dass sehr viele Anregungen,
Forderungen eingebracht wurden und ausschlaggebende Informationen
fehlen, deswegen sei es notwendig ein weiteres Informationstreffen
abzuhalten. Kommt es einmal zur Offenlegung, können zwar noch Anregungen
eingebracht werden, Raum zur Diskussion gibt es dann aber nicht mehr.
Darauf wurde lediglich mit dem Kommentar eingegangen: „Schon diese
Veranstaltung stellt ein Entgegenkommen der Stadt dar, da es im
bürokratischen Ablauf nicht vorgesehen ist.“ Die Möglichkeit dieses
Prozedere der Beteiligung zu überdenken, um allen Interessensgruppen
gerecht zu werden, war dabei nicht ersichtlich. Wenn aber faktisch die
Gruppe der Bewohner_innen nicht zufrieden ist, wenn das Projekt nicht
ausreichend durchdacht ist, um Vorbildcharakter zu haben, was spricht
dann noch für eine sture Fortführung? Nichts, außer man steht auf der
Seite derer, die daran Geld verdienen wollen.
Was wir aus dieser Veranstaltung schließen:
Dies war keine Beteiligung, sondern eher der Versuch einer Beruhigung
der Betroffenen. Es konnten keine Garantien gegeben werden, dass auch
nur ein Anliegen berücksichtigt wird, es wurde lückenhaft informiert, es
wurden schwierige Themen umgangen, generellere Diskussionen abgeblockt
und zuletzt der Forderung nach einer Fortführung der Beteiligung in Form
eines Treffens nicht nachgekommen. Die Investoren waren dabei in jedem
Moment als Partner der Stadtverwaltung zu sehen, ohne Druck sich zu
rechtfertigen, warum sie den Forderungen nicht nachkommen. Dies
entspricht in keiner Form unseren Vorstellungen einer demokratischen,
gleichberechtigten Teilhabe.
Für uns bestätigt sich also der Eindruck das als Bürger_in, als
Mieter_in kein Verlass auf die Stadtverwaltung ist. Die Forderung an die
Politik könnte sein, neue Formen, neue Verfahrensabläufe der
Beteiligung zu etablieren. Da wir aber eher eine gegensätzliche Tendenz
beobachten, die sich auf Veranstaltungen wie die beschriebene
zurücklehnen, denken wir es wäre wichtiger, sich als betroffene
Bewohner_innen zu vernetzen und solange Druck durch
Öffentlichkeitsarbeit zu erzeugen, bis es der Politik zu unbequem wird.
Dieses Konzept hat sich schon oft als erfolgsversprechend erwiesen, was
Filme wie z.B. „Mietrebellen“ beweisen. Dadurch kann nicht nur auf
Projekte Einfluss ausgeübt werden, sondern es können auch neue soziale
Strukturen in Vierteln entstehen.
In Bezug auf die Luisenhöfe werden wir die Bürgerinitiative weiterhin
solidarisch unterstützen, wo es nur geht. Wir sehen es nicht ein, dass
so viel Engagement (https://luisenhoefe-aachen.de/ )
einfach ignoriert werden soll, und rufen dazu auf die Petition zu
unterschreiben und sich bei evtl. kommenden Veranstaltungen solidarisch
mit den Anwohner_innen zu zeigen!
Wir hoffen, dass ihr Vorbild in Aachen weitere Bürger_innen dazu bringt,
sich nicht gefallen zu lassen, wenn ihr Lebensraum wegen der Profitgier
von Investoren beeinträchtigt werden soll. Sollte dies bei euch der
Fall sein, meldet euch gerne bei uns oder kommt zu einer unserer
Veranstaltungen. Wir unterstützen gerne!
Für ein solidarisches Zusammenleben in Aachen & Überall!
Ein Kommentar